NEW YORK: #61 – Eine Ode an unsere Lieblingsteile

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Nach 5 1/2 Monaten in New York realisiert man dann auch auf einer komischen Art und Weise, wer man ist, was man braucht und was man liebt. So erging mir das jedenfalls. Ich liebe Dinge, die von Dauer sind, egal ob es Freundschaften, Schuhe, Smartphones, Momente oder Menschen sind. Man erkennt die wahren Verbindungen zwischen einigen Menschen, wenn man so weit aus deren Reichweite ist, auch wenn es heutzutage soziale Netzwerke gibt, heißt es für mich jedenfalls nicht, das ich der Person auch sofort zurückschreiben muss, wenn diese mich anschreibt. Ich habe gelernt Menschen zu selektieren, die mir gut tun, die für mich da sind oder nur gute Bekannte, entfernte Bekannte oder gar Leute sind, die in einem nur Vorteile für sich sehen.

Diese Art Selektierung kann ich definitiv auch auf meinen Koffer übertragen. Ich bin mit einem vollen Koffer hier angereist, habe gedacht das wäre viel zu wenig, ich würde alles definitiv anziehen und dann stand ich nun da: Habe unsinnige Teile eingepackt und gab mir selbst zu, dass ich eigentlich nur den halben Koffer gebraucht hätte. Ich habe immer die gleichen Dinge an, sei es dieser eine Pullover aus Wolle für die kälteren Tage, dann noch ein Crewneck, drei Hosen, eine Shorts und 2 T-Shirts, für die wärmeren Tage oder als untendrunter. Mehr hätte ich gar nicht gebraucht. Der fast schon monotone Alltag in der Arbeit brachte mich dazu das Ich nur wenige Dinge brauche, ich brauche Dinge, die praktisch sind, mir gefallen, bequem und gut aussehen zugleich.

Ich trage nun einmal sehr gerne schwarz und diese Teile, die ich nun hier in der Arbeit jeden Tag auf Neues trage, versuche sie neu aussehen zu lassen, lassen mich realisieren, wie wichtig bestimmte Teile sind. Wie wichtig Lieblingsteile sind, die wir bis in den Tod tragen würden – ganz dramatisch gesagt. Wann war das letzte Mal, das ihr ein Teil gekauft, getragen und bis zum bittersten Ende geliebt habt? Wie die Kuscheldecke aus alten Zeiten, das Stofftier das unsere Mütter schon mehrmals zusammengeflickt hat, oder die alte Schallplatte von Opa, die wir immer noch während dem Zähneputzen, rauf und runterhören? Wir brauchen einfach mehr langlebige Lieblingsteile, die für uns da sind, uns nicht wehtun/drücken/jucken nur, weil sie von einem bestimmten Designer/Label sind oder weil sie gut aussehen, sondern uns in jeder Sekunde glücklich machen und wir einfach, wirklich, nirgendwo diese nicht nicht mitnehmen. Wir brauchen mehr Lieblingsteile die gegen den Konsumwahn der heutigen Gesellschaft rebellieren.

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Ich kann mich jedenfalls kaum daran erinnern wann zuletzt ein Teil in meinem Kleiderschrank, dass mindestens 4 Jahre „alt“ geworden sind. Deswegen habe ich mein Kaufverhalten schon das letzte Jahr sehr reduziert – ja, es gibt immer Ausnahmen, denn ich bin nicht perfekt, sondern wie jeder andere ein Mensch mit Begierden, wie z.B. beim Alexander Wang Sample Sale, dort habe ich zugeschlagen, und wie schon ich es selber niederschreibe, ich habe zugeschlagen, anstatt bewusst einzukaufen. Abgesehen von den Anouk Boots, kann ich eigentlich schon wieder sagen das einige der Alexander Wang Taschen, die ich für mich gekauft habe, ich demnächst wieder verkaufen werden, da ich sie schlicht und einfach nicht brauche. Sie werden nie das Wasser meiner simplen & praktischen Maison Martin Margiela Tasche reichen oder der kleinen Ledertasche aus der Teenie-Zeit meiner Mutter, die ich aus dem Müll gefischt habe.

Man könnte es auch mit meinem Smartphone vergleichen. Wenn ich die Chronik meiner Handys anschaue, hat jedes bis zum bitteren Ende überlebt, egal ob das iPhone 4, 4S, 5 oder 5S auf dem Markt kam. Momentan bin ich immer noch beim iPhone 4 und bin auch sehr zufrieden damit, es hängt zwar ab und zu, aber ich kann auch sagen, wenn dies den Geist aufgibt, muss und kann ich auch mit guten Gewissen mir ein neues Handy anschaffen. Manchmal müssen wir uns überlegen, wie viel Müll jeder Einzelne von uns produziert, sei es Stoff von unserer weggeworfenen Zara Jeans oder dem 4€ Shirt von Primark und Co. aber auch unsere alten Smartphones, die immer wieder durch die neuen Modelle ausgetauscht werden, sobald diese auf dem Markt sind, verursachen Elektronikschrott, was einfach nicht abbaubar ist.

Wenn ich nun im Februar wieder nach Hause fahre, werde ich meinen Kleiderschrank auf das Wenigste reduzieren, ich werde alle Teile, bei denen ich sage „ach irgendwann ziehst du das schon an“, rausschmeißen, zum Flohmarkt bringen, verkaufen, verschenken und spenden.

Ich hoffe auch das Ich bei diesen Gedanken weiterhin bleibe und vielleicht konnte euch etwas zum Nachdenken anregen, wenn ihr das nächste Mal den Geldbeutel, online sowie offline, zückt. Love, Alice.

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Foto: I heart Alice / Alice M. Huynh

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